14. Sep 2023
Seit der letzten Aktualisierung der Leitlinie Bakterielle Vaginose gab es viele neue wissenschaftliche Erkenntnisse und es fand eine Transformierung hin zur Stufe S2k statt.
Die bakterielle Vaginose ist weltweit die häufigste urogenitale Störung bei Frauen im sexuell aktiven Alter (Prävalenz 23 - 29%) und besitzt eine hohe Krankheitslast. Aktuelle Daten sprechen dafür, dass die bakterielle Vaginose ein Syndrom ist, zu dem eine durch den Biofilm bedingte bakterielle Vaginose und weitere, bisher nicht näher charakterisierte dysbiotische Veränderungen der Vaginalmikrobiotika gehören.
Die bakterielle Vaginose ist mit einem deutlich erhöhten Risiko für gynäkologische Komplikationen und Komplikationen während der Schwangerschaft verbunden und begünstigt Koinfektionen mit sexuell übertragbaren Infektionen wie HIV, HPV, HSV, N. gonorrhoeae, Chlamydia trachomatis u. a.
Die
klinische Herausforderung ist die hohe Rate an Therapieversagern, die nicht
selten zu chronisch rezidivierenden Verläufen mit hohem Leidensdruck führt.
Die bakterielle Vaginose (BV) ist durch stark erhöhte Bakterienzahlen, vor allem von Gardnerella species, eine hohe bakterielle Diversität an anaeroben und fakultativ anaeroben Bakterienarten sowie durch die Verdrängung potenziell protektiver Laktobazillen gekennzeichnet.
Die chronisch rezidivierende bakterielle Vaginose ist durch eine Erkrankungshäufigkeit von zumindest 3 Episoden pro Jahr definiert und kann auf eine Biofilm-bedingte Genese hinweisen. Biofilme sind Lebensgemeinschaften von Bakterien, Pilzen oder Algen, die sich an Oberflächen anheften und dort aufwachsen. Sie sind an die jeweilige Umgebung angepasst und verfügen über eine erhöhte Resistenz. Dieser Biofilm erklärt einige der Veränderungen der Vaginalmikrobiotika und gilt als entscheidender pathogenetischer Faktor der BV.
Die BV ist ätiologisch heterogen und kann sowohl durch Biofilme als auch durch dysbiotische Störungen der Vaginalmikrobiotika im klassischen Sinn bedingt sein. Im Unterschied zu vaginalen Dysbiosen ist die mit Biofilmen einhergehende BV sexuell übertragbar, wird vorrangig von schwerwiegenden gynäkologischen und geburtshilflichen Komplikationen begleitet und führt häufig zu Therapieversagern.
Ein höherer Östradiolspiegel von durchschnittlich 176 ng/ml ist weniger häufig mit einer BV assoziiert als ein niedrigerer Östradiolspiegel von durchschnittlich 39 ng/ml. Der positive Effekt ist vermutlich durch die vermehrt Wasserstoffperoxid-bildenden Laktobazillen erklärbar.
Das charakteristische Symptom der BV ist der verstärkte, meist homogene vaginale Fluor. Der Ausfluss ist dünnflüssig und von gräulicher, leicht milchiger Farbe. Begleitet wird er von einem fischigen Geruch, der durch die Bildung von Aminen als Stoffwechselprodukt anaerober Bakterien entsteht. Dadurch steigt der vaginale PH auf > 4,5. Zusätzlich können vulvovaginale Beschwerden wie Brennen, Rötung, Juckreiz, Dyspareunie oder Dysurie auftreten. Während der Schwangerschaft kann sich die BV auch durch Symptome wie vorzeitige Wehen, Zervixverkürzung oder einen vorzeitigen Blasensprung bemerkbar machen.
Nachweis von Schlüsselzellen (Clue cells) im Nativpräparat Nugent-Score
Die Therapie der BV soll mit oralem oder topischem Clindamycin oder mit Metronidazol erfolgen. Alternativ können lokale Antiseptika angewendet werden.
Die Therapie der chronisch-rezidivierenden BV sollte mit lokalen Antiseptika oder einer suppressiven Erhaltungstherapie mit topischem Metronidazol, gefolgt von vaginalen Probiotika erfolgen, um die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs nach der Therapie zu reduzieren.
Frauen mit symptomatischer BV in der Schwangerschaft sollen zur Beschwerdereduktion sowie Reduktion von Schwangerschafts- und Wochenbettkomplikationen behandelt werden. Die Therapie soll primär mit Clindamycin erfolgen, Alternative sind vaginale Antiseptika.
Milchsäure und Probiotika scheinen sich positiv auf die Therapie und Rezidivprophylaxe auszuwirken und können daher komplementär angewendet werden.
Frauen mit BV und unmittelbar bevorstehendem Kinderwunsch sollten behandelt werden, auch wenn diese asymptomatisch sind.
Redaktion: Dr. med. Martina Weiß
Quelle(n):
https://register.awmf.org/assets/guidelines/015-028l_S2k_Bakterielle-Vaginose_2023-07.pdf