Das respiratorische Synzytial-Virus

19. Jan 2023

Bereits seit dem Herbst 2022 melden Kinderkliniken einen starken Anstieg der mit respiratorischen Synzytial-Viren (RSV) infizierten Patienten und Patientinnen. Details und wichtige Informationen finden Sie in unserem Artikel.

Die meisten Fälle in Mitteleuropa werden zwischen November und April verzeichnet, mit einem Gipfel meist im Januar und Februar. In den letzten Jahren war aber immer häufiger ein früherer Anstieg zu erkennen, der wie 2022 Jahr bereits im September und Oktober startete.

Das respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist ein RNA-Virus aus der Familie der Pneumoviridae. Die Virusreplikation findet in den zilientragenden Epithelzellen der Schleimhäute der Atemwege statt, welche reversibel geschädigt werden. Dabei entstehender Zelldetritus, Abwehrzellen und Mukus verlegen die Bronchien. Dies begünstigt die Entstehung von nicht belüfteten, aber auch von kompensatorisch zu stark belüfteten Lungenarealen. Die Infektion ist üblicherweise selbstlimitierend, die Epithelien regenerieren sich innerhalb von 4 - 8 Wochen.

Vorkommen des respiratorischen Synzytial-Virus

Das RSV ist ein weltweit verbreiteter Erreger von akuten Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege in jedem Lebensalter und einer der bedeutendsten Erreger von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen, insbesondere Frühgeborenen und Kleinkindern.

RSV-Infektionen treten zyklisch auf. In Mitteleuropa ist die Inzidenz von November bis April am höchsten, in den übrigen Monaten kommen sporadische Infektionen vor. Der Gipfel der RSV-Saison erstreckt sich über etwa 4 - 8 Wochen und liegt meist im Januar und Februar, seltener auch im November und Dezember. In den letzten Jahren wurde ein Wechsel dieser winterlichen RSV-Saison mit einer früheren Saison im September und Oktober beobachtet.

RSV-Infektionen betreffen alle Altersgruppen. Neugeborene und junge Säuglinge können in den ersten 4 - 6 Lebenswochen durch diaplazentar übertragene Antikörper vor einer RSV-bedingten Erkrankung geschützt sein, während Frühgeborene durch eine geringere Versorgung mit maternalen Antikörpern auch in den ersten Lebenswochen bereits schwer an einer RSV-Infektion erkranken können. Bei älteren Säuglingen und Kleinkindern ist eine RSV-Infektion die häufigste Ursache von Erkrankungen des unteren Respirationstraktes und von damit verbundenen Krankenhauseinweisungen. Innerhalb des 1. Lebensjahres haben 50 - 70% und bis zum Ende des 2. Lebensjahres nahezu alle Kinder mindestens eine Infektion mit RSV durchgemacht. Eine langfristige Immunität besteht nicht, Reinfektionen sind häufig, Schwere, mit Krankenhausaufenthalt verbundene RSV-bedingte Erkrankungen bei Kindern betreffen etwa doppelt so oft Jungen wie Mädchen.

Risikopatienten, die schwer an einer RSV-Infektion erkranken können, sind Frühgeborene, Kinder mit pulmonalen Vorerkrankungen und Kinder mit Herzfehlern mit vermehrter Lungendurchblutung, Erwachsene mit kardialen oder pulmonalen Vorerkrankungen sowie alle immundefizienten und immunsupprimierten Personen.

Infektionsweg

Die Übertragung erfolgt in erster Linie durch Tröpfcheninfektion, Konjunktiven und Nasenschleimhäute bilden die Eintrittspforte. Es wird angenommen, dass eine Übertragung auch indirekt über kontaminierte Hände, Gegenstände und Oberflächen möglich ist. RSV kann in respiratorischem Sekret 20 Minuten auf Händen überleben, 45 Minuten auf Papierhandtüchern und Baumwollkitteln und bis zu mehreren Stunden auf Einmalhandschuhen, auf Stethoskopen und auf Kunststoffoberflächen. Jugendliche und Erwachsene spielen als asymptomatische oder symptomarme Überträger eine Rolle.

Die Inkubationszeit beträgt 2 - 8 Tage (durchschnittlich 5 Tage).

Dauer der Ansteckungsfähigkeit mit dem respiratorischen Synzytial-Virus

RSV-infizierte Personen können schon einen Tag nach der Ansteckung und noch vor Symptombeginn infektiös sein. Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit beträgt in der Regel 3 - 8 Tage und klingt bei immunkompetenten Patienten meist innerhalb einer Woche ab. Frühgeborene, Neugeborene, immundefiziente oder immunsupprimierte Patienten können das Virus über mehrere Wochen, im Einzelfall über Monate ausscheiden.

Klinische Symptomatik

Eine RSV-Infektion kann Symptome von einer einfachen Atemwegsinfektion bis zu einer schweren beatmungspflichtigen Erkrankung der unteren Atemwege zeigen oder auch asymptomatisch verlaufen.

Eine Primärinfektion mit RSV führt fast immer zu einer deutlichen klinischen Symptomatik. Die Erkrankung kann auf die oberen Atemwege beschränkt sein, sich aber auch, insbesondere bei Säuglingen in den ersten Lebensmonaten, als Bronchiolitis, Pneumonie oder Tracheobronchitis äußern. Ein keuchhustenähnliches Krankheitsbild kommt bei etwa 5 % der Fälle mit Beteiligung der unteren Atemwege vor, Fieber ist häufig. In der Regel werden zuerst Symptome einer Erkrankung der oberen Atemwege beobachtet, die innerhalb von 1 - 3 Tagen zu Symptomen unterer Atemwegserkrankungen fortschreiten können. Meist wird der Husten hierbei deutlicher und produktiver, die Atemfrequenz steigt, und es kann zu einer Dyspnoe kommen. Zeichen einer exspiratorischen Obstruktion sind typisch. Die RSV-Bronchiolitis ist gekennzeichnet durch einen reduzierten Allgemeinzustand, Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme, beschleunigte Atmung, Husten und Dyspnoe. Bei schwerem Verlauf kann es auch zu einer „stillen Obstruktion“ mit Tachypnoe und schlechter peripherer Kreislaufperfusion kommen, während bei der Bronchiolitis das exspiratorische Giemen im Vordergrund steht.

Durch eine Verengung der Atemwege, schlecht belüftete und kompensatorisch überbelüftete Lungenareale und ein niedriges Ventilations-Perfusions-Verhältnis kann es zur Hyperkapnie, Hypoxämie und auch zu einer Zyanose kommen. In einigen Fällen wird eine Beatmung erforderlich.

Reinfektionen sind häufig und kommen in jedem Lebensalter vor. Bei Kindern kommt es auch bei Reinfektion häufig zu Erkrankungen der unteren Atemwege, die jedoch meist weniger schwer als bei der Primärinfektion verlaufen.

Meist dauert die Erkrankung etwa 3 - 12 Tage, wobei respiratorische Symptome, insbesondere Husten, über mehr als 4 Wochen anhalten können. Bei Erwachsenen verlaufen die Infektionen oft asymptomatisch oder als unkomplizierte Infektion der oberen Atemwege verlaufen. Zu einer ausgeprägten grippeähnlichen Symptomatik kommt es insbesondere bei Erwachsenen mit engem Kontakt zu RSV-infizierten Kleinkindern.

Komplikationen treten insbesondere bei Risikopatienten auf. Bei Patienten aller Altersgruppen mit chronischen pulmonalen und kardialen Vorerkrankungen, mit Asthma und mit schweren neurologischen Erkrankungen kommt es oft zu einer Exazerbation der vorbestehenden Erkrankung. Diese Patienten sowie alle immundefizienten und immunsupprimierten Personen haben ein besonderes Risiko, an einer schweren RSV-bedingten Pneumonie zu erkranken.

Sekundäre bakterielle Infektionen kommen bei RSV-Infektionen eher selten vor, Koinfektionen mit anderen respiratorischen Viren sind häufig.

Eine häufige Komplikation der RSV-Infektion ist eine akute Otitis media. In bis zu ¾ der Fälle einer akuten Otitis media bei Kindern unter 3 Jahren wird RSV allein oder als Koinfektion mit anderen viralen oder bakteriellen Erregern nachgewiesen.

Als Langzeitkomplikation sind wiederkehrende Obstruktionen und eine anhaltende Hyperreagibilität des Bronchialsystems als Folge einer akuten RSV-induzierten Bronchiolitis möglich.

Diagnostik

Das klinische Bild und das Lebensalter können einen Hinweis auf eine RSV-Infektion geben, zur Sicherung der Diagnose bedarf es jedoch eines Erregernachweises.

Der Erregernachweis kann mittels PCR aus Nasopharyngealabstrichen oder -sekret erfolgen.

Therapie

Die Therapie ist symptomatisch und besteht in ausreichender Flüssigkeitszufuhr zur Sekretmobilisation und Freihalten des Nasopharynx mit NaCl-Nasenspülungen oder -tropfen.Nach individuellem Zustand des Patienten können Sauerstoffgaben, Atemunterstützung mit CPAP-Maske oder Intubation und Beatmung erforderlich werden.

Antibiotikagaben beeinflussen weder den klinischen Verlauf der RSV-Infektion noch die Dauer der Ansteckungsfähigkeit. Eine antibakterielle Therapie ist nur indiziert, wenn eine bakterielle Coinfektion vorliegt. Wichtig ist daher ein sorgfältiges Monitoring auf Anzeichen einer bakteriellen Infektion, wie z.B. eine sekundäre klinische Verschlechterung.

RS-Virus RNS

Synonym: Respiratorisches Synzytial-Virus, RSV

Material: Nasen-Rachenabstrich

Referenzbereich: negativ

Redaktion: Dr. med. Martina Weiß

Quelle(n):

https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_RSV.html

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